Der in Markt Schwa­ben gebür­ti­ge Roger Rekless (bür­gerl.: David Mayon­ga) besuch­te am Frei­tag, 16. Juli 2021,neun Klas­sen der Jahr­gangs­stu­fen 9 bis 11 am Come­ni­us-Gym­na­si­um. Er ist eigent­lich Rap­per und Mode­ra­tor, doch, wie er selbst sagt, „rutsch­te er ver­se­hent­lich auch in den Autoren-Beruf rein“. David Mayon­ga ist schwarz, was für vie­le in unse­rer Gesell­schaft eher ein Schick­sal als nur eine Haut­far­be ist. Bereits seit dem Kin­der­gar­ten-Alter ist er von All­tags­ras­sis­mus betrof­fen, obwohl er sich doch wie jeder ande­re in Markt Schwa­ben fühlt – näm­lich als Bay­er. Damals sag­te ein Kind zu ihm: „Ein N**** darf nicht neben mir sit­zen“ — der Satz, der zum Titel sei­nes Buches gewor­den ist. Anfangs hat er über­haupt nicht ver­stan­den, wer oder was ein N**** ist. Wie denn auch? Wie soll ein Kind ver­ste­hen, dass es auf­grund sei­ner Haut­far­be nicht akzep­tiert wird. Mit sol­chen Begrif­fen ent­ste­hen zwei Grup­pen: „Wir“ und „Die Ande­ren“, womit ein Mit­ein­an­der schlicht­weg nicht mög­lich ist. Durch soge­nann­tes „Othe­ring“ wer­den Men­schen getrennt und in Schub­la­den gesteckt. Es gibt das „Nor­ma­li­täts­käst­chen“, das bestimmt wird durch unse­re Sozia­li­sie­rung als wei­ße, pri­vi­le­gier­te Mehr­heit. Alles, was nicht da hin­ein­passt, wird als „fremd“ wahr­ge­nom­men und lei­der oft mit nega­ti­ven Asso­zia­tio­nen belegt.

„Wo kommst du eigent­lich her?“ ‑Bei die­ser Fra­ge den­ken sich vie­le erst­mal nichts. War­um soll­te es denn auch ras­sis­tisch sein, jeman­den nach der Her­kunft zu fra­gen? Mayon­ga erklärt, das Pro­blem lie­ge unter ande­rem dar­in, dass vie­le Men­schen die tat­säch­li­che Ant­wort „Markt Schwa­ben“ nicht akzep­tier­ten. Dann wer­de näm­lich wei­ter­ge­fragt „Nee, wo kommst du wirk­lich her? Wo wur­dest du gebo­ren?“. Die Fra­ge nach der Her­kunft wird aber nur Men­schen gestellt, die nicht in das eige­ne „Nor­ma­li­täts­käst­chen“ pas­sen. Sprich Leu­ten, die anders aus­se­hen, frem­de Namen haben und vie­les mehr. Das heißt, dass in Deutsch­land wei­ße Men­schen sol­che Fra­gen von Frem­den weni­ger oder gar nicht hören und sich des­halb auch nicht „anders“ füh­len müs­sen. Hier­bei betont der Rap­per auch, dass nicht nur dun­kel­häu­ti­ge Men­schen dis­kri­mi­niert wer­den, son­dern auch Frau­en, Behin­der­te und jede ande­re Per­son, die nicht in das „Nor­ma­li­täts­käst­chen“ passt. Men­schen ver­ges­sen ein­fach, dass jeder ande­re eine ande­re Nor­ma­li­tät hat und sein eige­nes Leben lebt. Vie­le rea­li­sie­ren dabei nicht, wie ver­let­zend und aus­gren­zend sie dabei sind.

Das Bei­spiel aus sei­ner Kin­der­gar­ten­zeit zeigt, wie nur ein Satz ein gan­zes Leben für immer ver­än­dern kann. Wie sehr Wor­te trau­ma­ti­sie­ren kön­nen und manch­mal sogar eine Per­son mit enor­mem Poten­zi­al nie­der­schmet­tern kön­nen. Hier gibt es ein Hap­py End, doch nicht jedes Ende ist gut. Ras­sis­mus hat über­haupt kein Ende. Schwar­ze Men­schen blei­ben schwarz. Es hängt allein von den ande­ren ab, ob die­ser Mensch ein gutes Leben in der Gesell­schaft füh­ren kann. Meis­tens ist es nicht der Fall. Es wird vie­len immer das Gefühl gege­ben, anders zu sein und nicht dazu­zu­ge­hö­ren — wert­lo­ser zu sein. Was sich wie ein über­dra­ma­ti­sier­ter Thril­ler anhört, ist die haut­na­he Rea­li­tät für man­che Mit­glie­der unse­rer zivi­li­sier­ten Gesell­schaft, die angeb­lich ein Vor­bild für ande­re Natio­nen sein soll.

Doch gibt es Hoff­nung und Din­ge, auf die man ach­ten kann. Man soll­te ver­ste­hen, dass es eine Dif­fe­renz zwi­schen ras­sis­ti­schem Den­ken und ras­sis­ti­schem Han­deln gibt. Eine Sekun­de nach­zu­den­ken, bevor man etwas sagt, kann viel bewir­ken. Man ist nicht dazu ver­pflich­tet, nach jedem sei­ner Vor­ur­tei­le zu han­deln. Jeder Mensch hat sie, was auch zum Leben dazu­ge­hört. Man soll­te sich aber im Hin­blick auf sie immer wie­der hin­ter­fra­gen. Wah­re Stär­ke ist, sich sei­ne Feh­ler und (oft gar nicht als sol­che wahr­ge­nom­me­nen) Ras­sis­men ein­zu­ge­ste­hen und aktiv dage­gen anzu­ge­hen. Doch vie­le sind schon mit dem abso­lu­ten Mini­mum über­for­dert. Kant hat gesagt: „Hand­le so, dass dei­ne Maxi­me zu einem all­ge­mei­nen Gesetz wer­den kann“. Will ich per Gesetz dis­kri­mi­niert wer­den? Nein, also hand­le ich auch nicht so.

Die­ses wirk­lich schwe­re The­ma gestal­te­te der Mode­ra­tor sehr dif­fe­ren­ziert mit viel Witz, Dia­lekt und Ver­stand, aber auch Musik. Er prä­sen­tier­te live einen sei­ner Songs („Was bin ich für dich?“) und brach­te eine Impro-Ein­la­ge, bei wel­cher die Men­ge mit­rap­pen durf­te. In der kur­zen Pau­se war Mayon­ga offen für Gesprä­che und Fotos — eine Gele­gen­heit, die vie­le Schü­le­rIn­nen nutz­ten. Der detail­lier­te Ein­blick in sein Leben hat sehr bewegt und für das The­ma sensibilisiert.

Das Come­ni­us soll nicht nur das Schild „Schu­le ohne Ras­sis­mus – Schu­le mit Cou­ra­ge“ tra­gen, son­dern den Inhalt mit Leben fül­len und aktiv danach han­deln.  Damit auch eine Gesell­schaft ohne Ras­sis­mus — Gesell­schaft mit Cou­ra­ge entsteht.

Jana Celid­ze (Q11) und Patri­zia Gillner