Ein reicher, gelangweilter Herr, der sich krank stellt, unverschämte Erbschleicher, die sich gegenseitig in ihrer Gier übertreffen und ein schmarotzender Dienstjunge, der am Ende als einziger Sieger aus dem Spiel hervorgeht – das Theaterstück „Volpone“, welches das Oberstufentheater des Comenius-Gymnasiums sich für dieses Schuljahr vorgenommen hat, bietet dem Zuschauer einen unkaschierten Einblick in die lachhaften Abgründe einer kosumorientierten Überflussgesellschaft. Ursprünglich stammt das Stück von Shakespeares Zeitgenossen Ben Jonson, der es zu Beginn des 17. Jahrhunderts veröffentlichte. 1926 wurde es dann von dem Deutschen Stefan Zweig frei bearbeitet und übersetzt – und nun – ganze vier Jahrhunderte nach Jonsons Werk – von den Comenianern interpretiert und an den Abenden des 15. und des 16. März auf die Bühne gebracht.
Erwähnenswert: Die Namen der Rollen im Stück entsprechen italienischen Tierbezeichnungen und stehen für die Eigenschaften der handelnden Personen, was im Theaterstück durch die Farb- und Formwahl bei Kostümen und Schminke umgesetzt wurde. Den Handlungsort haben die Theaterleiter kurzerhand von Venedig nach Deggendorf verlegt.
Auch der Beginn des Stückes war eigens interpretiert: Eine eskalierende Partyszene auf der Bühne, auf die eine in Sachen Text abgewandelte Version des Liedes „Money Money Money“ von ABBA samt Choreo folgte. So wurde gleich zu Beginn die Hauptaussage des Stückes klar: „Das Geld, das Geld regiert die Welt; es alle uns zum Narren hält!“.
Grundsätzlich geht es um den stinkreichen, hinterhältigen Meister Volpone (=Fuchs; Cedric Van Innis), der mit Hilfe seines Schnorrers und Dienstjungen Mosca (=Fliege; Raphael Felder) den gierigen Menschen Deggendorfs Glauben macht, er sei sterbenskrank. So dauert es nicht lange, bis sich die Erbschleicher auf den Weg in Volpones Haus machen, ihn umwerben und reichlich beschenken, auf dass er ihren Namen unter sein Testament setze. Die Fäden zieht hier Mosca, der die Erbschleicher gekonnt beschwatzt, Volpone immer mehr von sich zu geben.
So umgarnt Canina (=Hündchen; Milena Schell) den Meister mit ihrer unschuldig-verführerischen Art, Voltore (= Geier; Maja Schmatz) besticht den reichen Herren trotz seines Eides als Anwalt mit einem Becher aus Gold; der alte Geizkragen Corbaccio (= Habicht; Jessica Bachmann) gibt wider Willen all seine „Euros“ und einen kostbaren Ring an den „Kranken“ und enterbt zusätzlich seinen eigenen Sohn zugunsten Volpones. Der eifersüchtige Corvino (=Krähe; Julia Jaworek) schenkt dem Meister letztlich die eigene Gattin, Colomba (=Taube; Ronja Spießl).
Als nun der vermeintlich kranke Lüstling Volpone angesichts der unschuldigen Colomba plötzlich „gesundet“, kommt es um ein Haar zu einer Vergewaltigung – nur wird diese vom hitzköpfigen Leone (= Löwe; Alessandra Aue) unterbrochen und Volpone von ihm niedergeschlagen. Leone hat sich zuvor im Nebenzimmer versteckt, da er der enterbte Sohn Corbaccios ist und die Machenschaften Volpones belauschen wollte. Bevor die Gewalt noch weiter eskaliert, findet sich die gesamte Truppe vor Gericht wieder, wo der zornige Leone Volpone des Betrugs beschuldigt. Erfolgreich ist er jedoch mit seiner Anklage nicht: Die Erbschleicher, die ja alle Interesse an Volpones Testament haben, sprechen als Zeugen zugunsten Volpones aus. Dieser wird freigesprochen und Leone nach einem Wutanfall gewaltsam weggesperrt.
Obwohl Volpone vor dem Recht aus dem Schneider ist, hat er nicht vor, seinen Betrug enden zu lassen. Er lässt Mosca allen Schleichern das Alleinerbe versprechen und stellt sich tot, um sich an dem Streit um das Erbe belustigen zu können. Als wahren Erben setzt er jedoch Mosca ein, mit dem Hintergedanken, dass das Geld am Ende wieder bei ihm selbst, Volpone, landet. Als das Testament im Beisein des Richters (Simone Koller) verkündet wird, geht der Plan jedoch jämmerlich nach hinten los: Der Betrug wird aufgedeckt, Mosca erkennt hier seine Chance, hintergeht seinen Meister und verspricht allen Schleichern Entschädigung – selbst Leone.
So lebt nun Mosca im Reichtum des Volpone.
„Vorwärts jetzt! Troll dich, geprellter Fuchs!“ sind Moscas letzte Worte an Volpone, bevor er sich hämisch lachend in die erneut hemmungslos feiernde Gesellschaft stürzt.
Ganz deutlich zeigt das Stück „Volpone“, wie weit Menschen für Geld gehen und dass es ihnen in ihrer Geldgier völlig egal ist, wer das Geld hat, solange der Konsum und Überfluss finanziert wird.
Auf der Bühne umgesetzt haben die Comenianer diese Aussage auf komödiantische Art und Weise, mit musikalischen Einlagen, Choreographien und dem einen oder anderen Stunt. Auch sog. „Lästerszenen“ , die außerhalb des Stückes stattfanden und für eine Menge Lacher im Publikum sorgten, waren – von Maja Schmatz und Alessandra Aue geschrieben – im Stück eingebaut.
All dies ist nach wochenlanger Planung und zahlreichen, intensiven Proben entstanden, bei denen SchülerInnen und Theaterleiter – OStRin Patrizia Gillner und OStR Günther Zillner – eng zusammenarbeiteten. Ein großer Teil des Erfolgs ist den Probentagen in Finsterau zu verdanken, wo Schauspieler und Leiter Anfang März drei Tage lang harte Arbeit geleistet haben. Aber hier und auch während aller anderen Proben kam der Spaß nie zu kurz. Die gesamte Theatergruppe ist während der letzten Wochen zu einer Art Familie zusammengewachsen, die viel zusammen gelacht und etwas Großes gemeinsam auf die Beine gestellt hat, dessen Ende sie nun etwas wehmütig gegenüberstanden. Beim gemeinsamen Abschlussabend herrschte dann trotz aller Sentimentalität heitere Stimmung, denn alle wussten, dass sie ein grandios gespieltes, unterhaltsames und ganz besonderes Stück auf die Bühne gebracht hatten, das bei beiden Aufführungen den bis zum letzten Platz gefüllten Saal für volle zwei Stunden in seinen Bann gezogen hatte.
Text von: Alessandra Aue